Sexualstrafrecht bundesweit
Heimliche Bildaufnahmen - wann sind sie strafbar?
Heimliche Bildaufnahmen sind längst keine Ausnahmeerscheinung mehr – sie sind ein Massenphänomen im digitalen Alltag.
Ein kurzer Fingertipp auf dem Smartphone genügt, um intime, private oder gar peinliche Momente aufzuzeichnen – oft in Sekunden, manchmal ohne jedes Bewusstsein für die rechtliche Tragweite.
Doch was im Alltag beiläufig passiert, kann im strafrechtlichen Kontext dramatische Konsequenzen haben.
Plötzlich stehen Vorwürfe im Raum wie:
„Er hat mich heimlich beim Umziehen fotografiert.“
„Diese Bilder hat er nach der Trennung weitergeschickt.“
„Sie wusste gar nicht, dass die Kamera lief.“
In vielen Fällen geht es dabei um hochsensible Situationen: im Schlafzimmer, in der Dusche, bei ärztlichen Untersuchungen – oder um zwischenmenschliche Beziehungen, die zerbrochen sind.
Strafrechtlich resultierten solche Fälle oft in dem Vorwurf, gegen § 201a StGB – die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen – verstoßen zu haben.
Doch was genau ist strafbar? Wie verhält man sich bei einer Vorladung im Sexualstrafrecht? Und wie kann man sich verteidigen?
1. Wann ist eine heimliche Bildaufnahme strafbar?
Nicht jede Bildaufnahme ist automatisch eine Straftat. Entscheidend ist, ob die Aufnahme eine andere Person in einem besonders geschützten, sogenannten „höchstpersönlichen Lebensbereich“ zeigt – und ob dies ohne deren Einwilligung geschieht.
Die strafrechtliche Grundlage ist § 201a StGB. Er schützt Menschen davor, in intimen oder privaten Situationen heimlich gefilmt oder fotografiert zu werden.
Typische Beispiele sind:
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Aufnahmen in Badezimmern, Umkleiden oder Schlafzimmern
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das Fotografieren unter der Kleidung (sog. „Upskirting“)
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Mitschnitte ärztlicher Behandlungen oder intimer Gespräche
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auch das heimliche Filmen beim Sex oder in scheinbar privaten Momenten
Strafbar ist nicht nur das Herstellen solcher Bilder, sondern auch:
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das Weitergeben (z. B. via Messenger),
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das Zugänglichmachen (z. B. in einer Cloud),
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und sogar das gezielte Abrufen oder der Besitz (§ 201a Abs. 4 StGB), wenn die Bilder eindeutig in schutzbedürftigen Situationen entstanden sind.
Wichtig: Ein entscheidendes Kriterium ist, ob die betroffene Person mit der Aufnahme oder Nutzung einverstanden war. Wurde das Bild heimlich, überraschend oder gegen den Willen der Person aufgenommen, liegt in vielen Fällen ein strafbares Verhalten vor – auch wenn die Aufnahme niemals veröffentlicht wurde.
2. Einvernehmliche Aufnahmen – und was danach passiert
Gerade in Beziehungen entstehen häufig private oder intime Aufnahmen – freiwillig, aus Vertrauen, aus Nähe.
Doch was in einem Moment der Vertrautheit aufgenommen wurde, kann nach einer Trennung zum Problem werden.
Nicht selten wird nach dem Ende der Beziehung behauptet, ein ehemaliger Partner habe intime Bilder heimlich aufgenommen, weitergeleitet oder öffentlich gemacht.
Ebenso häufig erleben Beschuldigte diesen Vorwurf als schockierend – weil sie überzeugt sind:
„Das war doch damals einvernehmlich!“
Aber wie ist das juristisch einzuordnen?
Wenn eine Aufnahme mit Einwilligung entstanden ist, ist sie grundsätzlich nicht strafbar. Das gilt selbst dann, wenn es sich um sehr intime Bilder handelt – etwa während sexueller Handlungen.
Aber: Die rechtliche Bewertung kann sich nachträglich ändern, wenn:
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die Bilder nach der Trennung verwendet oder verbreitet werden
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der Zugriff nicht mehr abgesichert ist
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oder die Aufnahmen auf Speicherdiensten (Clouds, Netzwerke, geteilte Geräte) verbleiben, auf die auch Dritte zugreifen können
Was zählt dann in der Verteidigung?
Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der Zugriff auf die Bilder absichtlich ermöglicht oder bewusst in Kauf genommen wurde.
Entscheidend kann sein:
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Wie wurden die Dateien gespeichert (z. B. auf gemeinsam genutzten Geräten)?
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Gab es gesicherte Zugänge oder offene Synchronisierung in der Cloud?
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Wer hatte objektiv Zugriff – und zu welchem Zeitpunkt?
Beweismittel wie Chatverläufe, Geräteprotokolle oder technische Einstellungen können helfen, zu zeigen:
Es lag keine bewusste Verbreitung vor – und damit auch kein strafbares Verhalten.
3. Verbreitung intimer Aufnahmen – und was als strafbar gilt
Nicht jede Datei, die sich noch irgendwo auf dem Handy oder in der Cloud befindet, stellt automatisch eine „Verbreitung“ im Sinne des Strafgesetzbuchs dar.
Aber: Der Begriff der Verbreitung ist weiter gefasst, als viele denken – und genau hier beginnt die juristische Auseinandersetzung.
Wann zählt eine Aufnahme als „verbreitet“?
Eine Verbreitung liegt vor, wenn:
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die Aufnahme an Dritte aktiv weitergeleitet wird (z. B. per Messenger oder E-Mail),
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sie öffentlich hochgeladen oder gepostet wird (z. B. in sozialen Netzwerken),
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oder sie über einen Zugangsweg zugänglich gemacht wird (z. B. über Cloud-Speicher mit Link-Freigabe).
Auch das Zugänglichmachen über Geräte, auf die mehrere Personen Zugriff haben, kann strafrechtlich relevant sein – insbesondere dann, wenn der Betroffene wusste oder zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass andere Zugriff haben könnten.
Was ist keine Verbreitung?
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Private Sicherung auf einem ausschließlich selbst genutzten Gerät
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Automatische Cloud-Synchronisierung, sofern kein Dritter Zugriff hatte oder haben sollte
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Ungewollter technischer Zugriff durch Dritte ohne Fahrlässigkeit
In solchen Fällen lässt sich oft durch IT-forensische Analyse oder Geräteeinstellungen belegen, dass keine strafbare Handlung i.S.d. Sexualstrafrechts vorlag.
Welche Strafe droht im Ernstfall?
Ein Verstoß gegen § 201a StGB kann mit:
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Geldstrafe,
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oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet werden.
In besonders schweren Fällen – etwa bei gewerbsmäßiger Weitergabe oder Veröffentlichung – kann auch eine höhere Strafandrohung gelten (§ 201a Abs. 4 StGB).
Ziel der Verteidigung:
Schon im Ermittlungsverfahren auf eine Verfahrenseinstellung hinzuwirken – etwa wegen fehlenden Vorsatzes, mangels Nachweises oder durch glaubhafte Einlassung.
4. Verjährung bei Verstößen gegen § 201a StGB
Als Rechtsanwalt für Sexualdelikte werde ich regelmäßig gefragt, ob ein Vorwurf wegen heimlicher Bildaufnahmen überhaupt noch strafrechtlich verfolgt werden kann – besonders dann, wenn die Aufnahme schon Jahre zurückliegt.
Hier kommt die sogenannte Verjährung ins Spiel: Sie bestimmt, wie lange eine Straftat rechtlich noch geahndet werden darf.
Wie lange ist ein Verstoß gegen § 201a StGB verfolgbar?
Die Verjährungsfrist hängt davon ab, welche Variante des § 201a StGB vorgeworfen wird:
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Bei „einfachen“ Fällen (z. B. heimliches Fotografieren in einem geschützten Raum, ohne Weitergabe):
→ 5 Jahre Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) -
Bei schweren Fällen oder gewerbsmäßiger Begehung (z. B. gezielte Veröffentlichung oder Verbreitung intimer Inhalte):
→ 10 Jahre Verjährungsfrist möglich (§ 201a Abs. 4 StGB i. V. m. § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB)
Wann beginnt die Frist – und wann läuft sie neu?
Die Verjährung beginnt mit der Tat – also in der Regel mit dem Erstellen, Zugänglichmachen oder Verbreiten der Aufnahme.
Allerdings kann die Frist jederzeit gehemmt werden, zum Beispiel durch:
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die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens,
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die Vernehmung des Beschuldigten,
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oder den Erlass eines Strafbefehls.
Nach jeder Unterbrechung beginnt die Frist von vorne zu laufen (§ 78c StGB).
Schwierigkeit bei digitalen Inhalten:
Bei Online-Dateien oder Cloud-Speichern ist oft unklar:
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Wann genau wurde die Aufnahme erstellt?
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Wurde sie zwischenzeitlich (unbewusst) synchronisiert oder abgerufen?
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Wer hatte überhaupt Zugriff?
In der Verteidigung kann das ein entscheidender Ansatzpunkt sein:
Ist nicht klar nachweisbar, wann die angebliche Tat genau erfolgte oder wer sie begangen hat, lässt sich häufig auf mangelnden Nachweis oder bereits eingetretene Verjährung argumentieren.
5. Schnell handeln – sicher verteidigen
Heimliche Bildaufnahmen sind ein rechtlich wie emotional sensibles Thema. Die Übergänge zwischen einem Missverständnis, einem unangenehmen Vorwurf und einer echten Straftat sind oft fließend – besonders dann, wenn Aufnahmen in Beziehungen entstanden oder über digitale Systeme synchronisiert wurden.
Denn eines ist klar: Nicht jede Anzeige führt zur Anklage und nicht jeder Vorwurf hält einer rechtlichen Prüfung stand.
Wer frühzeitig reagiert, Beweismittel sichert und sich professionell verteidigen lässt, kann oft viel bewegen – etwa:
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eine Verfahrenseinstellung noch im Ermittlungsstadium,
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die Vermeidung einer Anklage,
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oder eine deutliche Milderung des Strafmaßes im Fall einer Verurteilung.
Was Sie jetzt tun sollten:
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Nehmen Sie Vorladungen oder Ermittlungen ernst.
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Sichern Sie Beweismittel: Geräte, Chatverläufe, Einstellungen, Cloud-Zugriffe.
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Lassen Sie sich frühzeitig beraten – bevor voreilige Aussagen die Lage verschlechtern.

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