Rechtsanwalt Nikolai Odebralski - Schwerpunkt Sexualdelikte

"sexuelle Handlungen an einer anderen Person" - was ist das?

Rechtsanwalt für strafrechtliche Delikte:

Sexuelle Handlungen

Nahezu jedes Sexualdelikt hat eine „sexuelle Handlung“ als Voraussetzung. Daher kommt der treffenden Bestimmung dieser gerade im Rahmen der „leichteren“ Sexualkriminalität eine erhebliche Bedeutung zu. Egal ob bei dem sexuellen Übergriff, dem sexuellen Ausnutzen sonstiger Umstände, der sexuellen Nötigung, dem sexuellen Missbrauch von Kindern, dem sexuellen Missbrauch von Jugendlichen, dem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen oder dem sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung, jedes dieser Delikte hat eine sexuelle Handlung als Voraussetzung. Zwar ist der Begriff der sexuellen Handlung in § 184h Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) legaldefiniert, als „nur solche, die im Hinblick auf das jeweilige Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind“, die jedoch sehr allgemeine Formulierung hilft einem ohne Fachkenntnisse und Erfahrung im Bereich der Sexualdelikte wenig. Daher möchte ich etwas genauer auf die Voraussetzungen des Begriffs eingehen.

Handlungen im Hinblick auf das Rechtsgut

Grundsätzlich wird eine sexuellen Handlung nach dem äußeren Erscheinungsbild der jeweiligen Handlung bewertet, in einer sogenannten objektiven Betrachtungsweise. Hiernach sind solche Handlungen sexuell, welche nach allgemeiner sittlicher Wertung als unanständig gelten und einen Geschlechtsbezug aufweisen. Dies ist unabhängig von der inneren Motivation des Ausführenden. Auch wenn dieser die jeweilige Handlung aus Scherz, Neugier, zu künstlerischen, wissenschaftlichen oder pädagogischen Zwecken unternimmt, folgt aufgrund der objektiven Betrachtungsweise eine Strafbarkeit. In vielen Fällen kann hier jedoch die sexuelle Handlung durch ein Einverständnis der betroffenen Person gerechtfertigt sein, womit die Strafbarkeit wieder entfallen kann.

Im Umkehrschluss fallen jedoch nicht gleich alle Handlungen, welche in sexueller Absicht vorgenommen werden, aber nach objektiver Betrachtungsweise keinen zwingenden Sexualbezug haben, aus dem Geltungsbereich der Norm heraus. Die problematische Fallgruppe der äußerlich ambivalenten Handlungen, in denen zwar ein gewisser Sexualbezug zu erkennen ist, dieser jedoch nicht zwingend, also ambivalent, ist, stellt so einen Fall dar. Typische Fallgruppen in der Praxis sind hier die medizinische Scheinuntersuchungen oder das Wickeln eines Kindes und die dabei durchgeführte Reinigung der primären Geschlechtsteile. Hier wird im Ergebnis auf die subjektive Zielrichtung abgestellt. Die Bestimmung dieser subjektiven Zielrichtung bedarf hier einer stichhaltigen und nachvollziehbaren Argumentation, da sie sich aufgrund der Ambivalenz gerade nicht aus dem objektiven Verhalten herleiten lässt.

Beispiele für sexuelle Handlungen nach objektivem Erscheinungsbild sind unter anderem die
Berührung von Geschlechtsteilen, dem Glied bei Männern, den Brüsten und der Vagina bei Frauen, in der Regel unabhängig ob diese bedeckt oder nackt sind. Auch der Griff unter die Kleidung an den Brustbereich von Mädchen, auch wenn diese keinen Brustansatz aufweisen, fallen hier runter. Gleiches gilt für das Spielen an den Brustwarzen (auch scherzhaftes „Nippletwisting“) und je nach Einzelfall festes Fassen des Gesäßes.

Aber auch das Streicheln eines nackten Oberschenkels kann je nach Situation, Intimitätsgrad und Kontext zu der Berührung, in einigen Regionen als sexuelle Handlung gewertet werden. Regelmäßig nicht als sexuelle Handlungen werden das Streicheln des bekleideten Oberkörpers, des bekleideten Beines, des Rückens oder des Kopfes aufgefasst. Auch der Versuch eines normalen Kusses ohne Zunge auf den Mund, die Wange oder die Stirn wird nicht als Handlung mit Sexualbezug verstanden.

gewisse Erheblichkeit der Handlungen

Zusätzlich zu dem Sexualbezug ist nach der Vorschrift eine gewisse Erheblichkeit erforderlich. Auch diese ist objektiv zu bestimmen, wobei der Grundsatz gilt, dass je stärker der Sexualbezug der Handlung ist, desto geringere Anforderungen an die Erheblichkeit gestellt werden. Hierbei sind Art, Intensität und Dauer der Handlung zu berücksichtigen, unter einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, auch der allgemeinen Situation und des Verhältnis der beiden Personen zueinander. Flüchtige, kurze und eher zufällige Berührungen, beispielsweise von bedeckten Geschlechtsteilen, sind daher in der Regel nicht ausreichend, wohingegen kurze Berührungen von nackten Geschlechtsteilen schon wieder eine Strafbarkeit begründen können. Bei Kindern und Jugendlichen werden noch geringere Anforderungen an das Merkmal der Erheblichkeit gestellt, hier ist insbesondere wichtig herauszuarbeiten, ob die Berührungen nach objektiver Betrachtungsweise durch die Eigenheiten der Situation, beispielsweise beim Spielen, kindlichem Gerangel oder Toben mit einer älteren Person, natürlich vorkommen können.

Zusammengefasst ist offensichtlich, dass die durch die Rechtsprechung geforderte objektive Bewertung im Einzelfall in Wahrheit viele subjektive Komponenten enthält. So werden Situation und Kontext der Berührung aus unterschiedlichen Perspektiven von den beteiligten Personen regelmäßig unterschiedlich verstanden. Gleiches gilt für die Geschlechtsbezogenheit der Handlung, welche zur Feststellung immer eine subjektive Bewertung der Sittlichkeit, die sich je nach Sozialisierung und kulturellem Hintergrund anders bewerten lässt, voraussetzt. Es kann sicher nicht pauschal bewertet werden, auch die obergerichtliche Rechtsprechung ist sich bei einigen Auslegungsfragen, insbesondere bei der Anforderungen an die Erheblichkeit, uneins, was wiederum zu regionalen Unterschieden hinsichtlich der Strafbarkeit gewisser Handlungen führt.

Daher sollte bei dem Vorwurf einer Sexualstraftat darauf geachtet werden, dass der gewählte Strafverteidiger besondere Erfahrung und Expertise im Bereich des Sexualstrafrechts besitzt. Insbesondere Kenntnis der deutschlandweiten Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der „sexuellen Handlung“ und die hier auftretenden regionalen Unterschiede der obergerichtlichen Rechtsprechung sind für eine erfolgreiche Verteidigung unerlässlich.

Wir bearbeiten jährlich hunderte Verfahren aus dem Bereich der Sexualstraftaten. Sofern Sie also eine Vorladung als Beschuldigter oder Anklageschrift wegen einer Straftat im Zusammenhang mit einer „sexuellen Handlung“ bekommen haben, helfe ich Ihnen als Fachanwalt für Strafrecht und Rechtsanwalt mit Spezialisierung im Bereich der Sexualdelikte gerne weiter. Bei uns bekommen Sie eine Gelegenheit Ihre Angelegenheit in einer verständnisvollen Atmosphäre diskret zu besprechen, ich stehe ihnen als kompetenter Strafverteidiger bundesweit zur Verfügung.

 

 

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Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten groben Überblick über den Bereich der Sexualdelikte geben und zumindest die dringendsten Fragen beantworten. Dennoch ist diese Übersicht allgemein gehalten und ersetzt in keinem Fall ein individuelles Beratungsgespräch. Eine erste Information im Internet kann ein persönliches Gespräch über den individuellen Fall nicht ersetzen.

Wenden Sie sich für ein solches bitte entweder telefonisch unter +49 201 747 188-0 oder per Mail an info@ra-odebralski.de an mich. Gerne vereinbare ich dann einen Termin zur Erstberatung.